Da das Kulturzentrum Saalbau am vergangenen Donnerstag belegt war, musste die Sondersitzung des Stadtrats, bei der es um den überörtlichen Prüfbericht des Landesverwaltungsamts (LaVa) ging, im Sportzentrum Erbach durchgeführt werden.
Bürgermeister Michael Forster begrüßte zunächst die Ratsmitglieder sowie die Öffentlichkeit und berichtete vor Einstieg in die Tagesordnung, dass zwei Anträge von der CDU und den Grüne vorlägen, die aber zu spät eingegangen waren.
Der Antrag der CDU hatte zum Inhalt, Vertreter des Landesverwaltungsamts (LaVa) zur Sondersitzung einzuladen. Der Bürgermeister stellte fest, dass dies nicht erfolgt sei, da dies auch im Kommunalen Selbstverwaltungsgesetzt (KSVG) nicht vorgesehen sei. Den Antrag der CDU begründet Michael Rippel damit, dass sich seine Fraktion gewünscht hätte, dass Vertreter des LaVa ihre Arbeit an dem Prüfbericht hätten darstellen können.
Von den Grünen war der Antrag gestellt worden, den Prüfbericht allen Ratsmitgliedern zur Kenntnis zu geben. Winfried Anslinger begründete dies damit, dass im KSVG nur davon die Rede sei, dass der Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) nicht öffentlich tagt. Aus seiner Sicht sollte der Bericht öffentlich bekannt sein. Da es aktuell ein Abwahlverfahren gebe, sollte der Bericht den Bürgern nicht vorenthalten werden, weil darin Vorgänge beschrieben seien, für die Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind verantwortlich sei. Wenn das die Bevölkerung nicht erfahre, so Anslinger, ergebe sich ein schiefes Bild.
Der Bürgermeister erläuterte, dass das Abwahlverfahren mit dem Prüfbericht nichts zu tun habe. Außerdem bedeute die Aussage, dass der Bericht nur dem RPA vorgelegt werde, automatisch, dass dies nicht für den ganzen Rat gelte, sondern eben nur für den RPA. Ein Abwahlverfahren ändere an dieser Festlegung nichts.
Der Bürgermeister ergänzte, dass auch von der Anregung, Amts- und Abteilungsleiter aus bestimmten Bereichen zur Sitzung einzuladen, abgesehen wurde, da die Behandlung der einzelnen Punkte des Berichts bereits in mehreren Sitzungen stattgefunden habe.
Zum Antrag der SPD, den suspendierten Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind, der sich im Besucherbereich aufhielt, in der Sitzung zu Wort kommen zu lassen, erklärte BM Forster, dass diesem Antrag nicht entsprochen werden könne. Es sei klar geregelt, wie und welche Sachverständigen hinzugezogen werden könnten, nicht aber städtische Bedienstete. Daher sei der Antrag rechtlich nicht zulässig. Insofern wurde darüber auch nicht abgestimmt.
Als nächstes unterrichtete der Bürgermeister über den überörtlichen Bericht vom 17. März 2020 nach § 123 Abs. 9 KSVG. Zuvor stellte er noch fest, dass er eine solche Sitzung nicht vor dem Abwahltermin durchgeführt hätte, da er nicht möchte, dass dieser Bericht für politische Zwecke missbraucht werde.
Mit dem Bericht über die Prüfung, die für den Zeitraum von 2013 bis 2016 erfolgte, wollte der BM die Information des Rates und dessen Rechte als Kontrollorgan sicherstellen. Um persönliche Rechte zu beachten, müsse diese Information wertneutral und objektiv erfolgen, machte Forster deutlich.
Er hob hervor, dass für das LaVa der Schwerpunkt der Prüfung in der Beurteilung der Angemessenheit und Wirksamkeit Innerer Kontrollsysteme lag.
„Der vollständige Schlussbericht wurde dem Rechnungsprüfungsausschuss vorgelegt und in vier Sitzungen beraten. Der Schlussbericht besteht aus 174 Seiten, wobei die letzten 24 Seiten eine Zusammenfassung darstellen. Er beinhaltet insgesamt 111 Feststellungen und 34 Empfehlungen“, sagte BM Forster. Er ging auf einige Feststellungen näher ein, beispielsweise, dass im gesamten Prüfungszeitraum Verträge mit Mitgliedern des Stadtrates abgeschlossen worden sind, ohne dass nach § 36 Abs. 2 KSVG eine erforderliche Genehmigung vorlegen hatte.
Weiter wurde der Aufbau – und die Ablauforganisation und eine mangelnde Funktionstrennung sowie das Fehlen von einheitlichen Kriterien für die Unterteilung in Hierarchieebenen beanstandet.
Kritisiert wurde auch, dass angesichts von Zugriffsberechtigungen die abstrakte Möglichkeit bestand, von der Erstellung einer Zahlungsanordnung bis zur Zahlbarmachung alle Prozessschritte selbst zu tätigen.
Auch einige Fälle, die aufgrund von Anzeigen bereits in den Medien behandelt worden sind, erläuterte der Bürgermeister. Er wies auch darauf hin, dass das LaVa gerügt hat, dass Zuständigkeiten, Aufgaben und Instrumente des Beteiligungsmanagements bei der Stadt nicht klar geregelt seien. Aus der Schlussbemerkung des Berichts zitierte Michael Forster, dass die überörtliche Prüfung schwerwiegende Feststellungen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der internen Kontrollsysteme im Prüfungszeitraum ergeben hätte. „Aufgrund der Vielzahl und Schwere der Feststellungen ist nach Auffassung des LaVa davon auszugehen, dass zu den aufgezeigten Kontrolldefiziten auch ein ungünstiges Kontrollumfeld beigetragen hat.“
Der Bürgermeister stellte auch fest, dass direkt nach Eingang des Prüfberichts damit begonnen wurde, die Feststellungen abzuarbeiten und eine Organisationsgruppe für den Aufbau und die Ablauforganisation eingerichtet worden sei. So konnten bisher etwa 80 Prozent der Beanstandungen abgearbeitet werden, so Forster.
Prof. Dr. Marc Piazolo wurde bei seinem anschließenden Redebeitrag vom Bürgermeister mehrfach unterbrochen, da aus Sicht des Bürgermeisters der Prüfbericht und das Abwahlverfahren vermischt würden. .
Piazolo erwähnte, dass Auftragsvergaben war auch außerhalb des Prüfberichts nicht rechtskonform waren. Auch hier musste der BM einschreiten
Michael Rippel ging für die CDU auf einen früheren Antrag auf Akteneinsicht ein und stellte fest, dass es zur Fairness und Transparenz gehöre, anschließend aufzuklären. Es sagte, dass seine Fraktion den Antrag zur Rechnungen bezüglich von Forstarbeiten stellen musste, weil in der Sitzung des RPA niemand von der Verwaltung Stellung nehmen konnte. Er betonte aber auch, dass die Einsicht in die Aktengezeigt hatte, dass alles korrekt abgelaufen sei, lediglich hätten einige Rechnungen in Papierform gefehlt. Zum Prüfbericht sagte er, dass dieser im Saarland aus seiner Sicht einmalig sei. Er lobte den BM und die Verwaltung, dass rund 70 bis 80 Prozent der Feststellungen abgearbeitet seien und dass der Haushalt für 2022 noch in diesem Jahr beschlossen werden soll.
Wilfried Bohn wies für die SPD-Fraktion darauf hin, dass es in früheren Prüfberichten, bei denen Rüdiger Schneidewind als Beigeordneter seinen Dezernatsbereich verantwortete, keine Beanstandungen gegeben habe. Auch fragte er, ob den Prüfern des LaVa bekannt gemacht wurde, dass die Einführung der Prüfung durch das RPA vom OB wieder eingeführt worden ist.
Für die Grünen sagte Yvette Stoppiera-Wiebelt, dass der Bericht ein eklatantes Verwaltungsversagen zeige, dass das Vertrauen verloren und nur schwer wieder aufzubauen sei. Zwar seien auch immer verschiedene Personen verantwortlich, meinte sie, doch es sei immer der Kopf, der die eigentliche Verantwortung trage. Weiter sagte sie: „Wenn der Staat unfaire Wettbewerbsbedingungen schafft, handelt der Staat unfair, wenn Einzelne bevorzugt werden.“ Es könne nicht sein, dass sie als Ratsmitglied immer wieder rechtmäßiges Handeln einfordern müsse. „Der Bericht ist Ohrfeige für die Verwaltung und auch für den Stadtrat“, so Stoppiera-Wiebelt.
Für die Linken sagte Barbara Spaniol, dass sich das fehlende Kontrollbewusstsein wie ein roter Faden durch den Bericht ziehe.
Katrin Lauer von den Grünen sagte, der Bericht beschreibe ein systematisches Versagen der internen Kontrolle und fragte, welche Konsequenzen der RPA aus dem Bericht ziehe. Dazu sagte Bürgermeister Forster, dass es darauf keine Antwort von ihm geben können, da er nur das Fazit des LaVa vorgetragen habe, weiter werde er dazu im öffentlichen Teil der Sitzung nichts sagen.
Pascal Conigliaro meinte für die SPD, die große Anzahl der Feststellungen sage nicht viel über die Qualität aus. Ob schon 80 Prozent behoben seien, könne hier nicht überprüft werden, dies hätte er gern von dritter Seite bestätigt bekommen. Außerdem hob er hervor, man könne nicht eine Person für alles verantwortlich machen, was sich über Jahre aufgebraut habe, zudem decke der Prüfbericht vier Jahre ab, von denen Rüdiger Schneidewind nur zwei Jahre als OB im Amt war. Außerdem heiße es nicht, nur weil die Staatsanwaltschaft ermittle, dass eine Verurteilung vorliege. Mit solchen Aussagen sollte man vorsichtig sein.
Dem entgegnete Winfried Anslinger von den Grünen, dass Herr Conigliaro Recht habe, denn ein Einzelner könne so viel Schaden gar nicht anrichten. Doch wie bei einem Unternehmen, läge vieles am Verhalten der Spitze. Mit Hinweis auf die Detektivaffäre und anderen Vorgängen meinte er, es müsste vieles angezeigt werden.
Kristina Kulzer-Weber (CDU) ging auf die Vielzahl der Beanstandungen ein und meinte, die Visakontrolle sei aufgrund der Kritik der CDU im Ausschuss wieder eingeführt worden. Auch eine zentrale Buchführung hätte die CDU angeregt.
Für die freie Wählergemeinschaft lobte Axel Ulmcke den Bürgermeister für seine neutrale Darstellung. Die Diskussion dagegen laufe leider oft aus dem Ruder, so Ulmcke. Er betonte auch die Verantwortung auf Ebene der Sachbearbeiter, daher könne nicht alles dem OB angelastet werden. Er sagte, es seien Fehler gemacht worden, die nun behoben würden. Daher gelte es nun, den Blick nach vorn zu richten.
Auch Jörg Kühn (FDP) lobte den Bürgermeister für den seinen Vortrag. Er habe auch den Ablauf des Abends gut erklärt, leider sei dies nicht bei allen angekommen so Kühn, der daran erinnerte, dass man sich an die Spielregeln halten solle, auch wenn es einzelnen schwer falle. Er betonte, dass Vieles ärgerlich sei, die Verhältnisse im Rat aber andere waren. Außerdem gefalle es ihm nicht, immer wieder eine Person anzugreifen, ohne dass sich diese rechtfertigen könne. Aber so sei nun mal die Rechtslage. Auch hatte er sich gewünscht, dass die Grünen den Antrag auf die Sondersitzung zurückgezogen hätten, weil es bei einer Sitzung nach dem 28. November viel sachlicher zugegangen wäre. Er bedauere diese Entwicklung. Die Sondersitzung habe nur eine Zielrichtung, sagte er.
Kristina Kulzer-Weber erwiderte dazu, dass Dinge vorgelebt werden und Führung etwas mit Verantwortung zu tun habe. Bei der Sondersitzung gehe es nicht darum, schlechte Stimmung zu machen, sondern um Aufklärung, meine sie.
Für die AfD dankte Melanie Loew dem BM für den sachlichen Vortrag. Sie erinnere an die intensive Debatte im RPA und hätte sich gewünscht, den Prüfbericht öffentlich zu machen.
Im nichtöffentlichen Teil erläuterte Bürgermeister Forsten dann den Prüfbericht noch eingehender und nannte weitere Feststellungen. Nachfragen der Ratsmitglieder zu diesem Bericht gab es im nichtöffentlichen Teil dann nicht mehr.
Veröffentlicht am: 16.11.2021 | Drucken